Brief.
Hallo liebe/lieber ..........!
Ich bin nun schon ganze zwei Monate weg und dachte mir es wird endlich mal Zeit dir zu schreiben.
Ich bin ganz gut hier im Kloster/in der Abtei Hautecombe in Frankreich gelandet. Wie du weißt, bin ich bei Chemin Neuf untergekommen, einer Gemeinschaft, die zu beschreiben mir immer noch einige Schwierigkeiten bereitet, weil ich selbst nicht ganz durchblicke. Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich Menschen gefunden haben, die an Gott glauben (in erster Linie der römisch-katholischen Kirche angehörend), die allerdings nicht nur ihren Glauben sondern auch ihr Alltag zusammen verleben. Und das umfasst dann sowohl Zölibatäre als auch Familien. Besonders zu erwähnen ist, dass sie sich selbst als "katholische Gemeinschaft mit ökumenischer Berufung" bezeichnet. Von Ökumene merke ich allerdings nicht viel. Ich werde als Baptist (Protestant) geduldet. Mehr aber auch nicht. So wird mir als Protestant u.a. von dem zuständigen Bischhof gestattet, an der römisch-katholischen Abendmahlsfeier teilzunehmen. Was mir hier aber nicht gesagt wurde ist, dass in der "ECCLESIA DE EUCHARISTIA" (April 2003 von Iohannes Pualus II.) über Ausnahmen, zu welcher mein Fall ohne Zweifel gehört, steht, dass für diese trotzdem immer noch gewisse Bedingungen gelten. Ich müsste also zum Beispiel "den Glauben bezeugen, den die katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt". Da ich das so nicht kann, habe ich bisher hier auch noch nicht am Abendmahl (welches es hier täglich in der Messe gibt) teilgenommen. Die Hintergrundinformationen musste ich mir allerdings selbst beschaffen.
Nun gut, ich will nicht die ganze Zeit über den römischen Katholizismus sprechen. Viel lieber schreibe ich dir, dass wir hier ein Mal pro Woche einen netten Lobpreisabend haben. Mit Gesang, offenem Gebet, Bibelstellen und manchmal sogar Tanz. Heute werde ich zum ersten Mal mit meiner Gitarre dabei sein und zusammen mit Olivier Lieder begleiten. Ich freue mich schon. Außerdem toll ist, dass ich jeden Sonntag in eine Baptistengemeinde fahren kann. Dort habe ich mich seit meinem ersten Besuch heimisch gefühlt. Alles ist zwar klein und familiär, aber vielleicht ist es auch gerade das, was mich anspricht. Tolle Musik. Sie wollen demnächst bauen und haben letzte Woche den dafür nötigen Vertrag unterschrieben. Von den Predigten verstehe ich noch nicht so viel, da mein Französisch noch nicht ausreicht. Aber grobe Züge bekomme ich schon mit.
Apropos Französisch.
Du weißt sicherlich, dass das Franzosisch, was ich in dem Zweiwochenintensivkurs vor meiner Abreise aufsaugte, längst nicht ausreichte. Gut, mit Lernmaterial und der wagen Zusage aus Berlin, dass wir hier ab und zu Nachhilfe bekommen könnten, war ich recht zuversichtlich. Doch stellte sich diese ganze Thematik schwieriger dar, als ich mir vorgestellt hatte. Beim ersten Ansprechen möglicher Französischnachhilfe hier in Hautecombe bekam ich als Antwort ein kaltes "NEIN". Ohne Begründung. Und auch das private Lernen machte Schwierigkeiten, da die Tage voller und anstrengender waren, als erwartet und Zeit und Motivation fehlten, sich mit Hilfe von Büchern Grundlagen zu erarbeiten. Vokabeln einer fremden Sprache allein zu lernen ist leicht, verglichen mit Grundlagen. Egal, ich will mich nicht über all das auslassen, was passiert ist, bevor ich es endlich geschafft hatte, Französischunterricht zu erkämpfen. Ein Mal pro Woche. Es hat zwei Monate gedauert. Heute ist meine erste Stunde.
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